Seit Januar 2018 ist Henk Groener mittlerweile für die deutschen Frauen-Nationalmannschaft tätig. Als Nachfolger von Michael Biegler, treibt der Niederländer die positive Entwicklung im deutschen Frauenbereich weiter voran.
Der langjährige Trainer des TV Emsdetten (1996-2002) und ehemalige Frauen-Nationaltrainer der Niederlande (2009-2016) hat seinen Vertrag beim DHB im vergangenen Jahr bis 2021 verlängert. Der Niederländer, der wie kaum ein anderer als Entwickler und Förderer junger Talente gilt, hat mit seiner Mannschaft noch einiges vor. Das Ziel, die DHB-Frauen an die Weltspitze heranzuführen, steht an dabei an erster Stelle. Henk Groener hat sich in den vergangenen Tagen Zeit genommen, um mit frauenhandball.com ausführlich über die Entwicklung der Handballl Bundesliga Frauen (HBF) zu sprechen. Selbstverständlich durfte auch ein kurzer Blick auf die anstehende Europameisterschaft im Dezember nicht fehlen.
Herr Groener, bevor wir über die Handball Frauen Bundesliga sprechen, müssen wir natürlich auch auf die Nationalmannschaft eingehen. In wie weit laufen derzeit schon die Planungen für die EM in Norwegen und Dänemark (3.12.-20.12.2020)?
Wir haben unser Programm für die zweite Jahreshälfte aufgestellt. Im September ist eine reguläre “International Team Week”, in der neben Trainingstagen auch zwei Länderspiele gegen die Niederlande geplant sind. Im Oktober ist noch einmal ein viertägiger Lehrgang vorgesehen und unmittelbar vor der EM werden wir im Laufe der Turniervorbereitung unter anderem noch ein Vier-Länder-Turnier in Norwegen bestreiten. Natürlich unter der Voraussetzung, dass es trotz Corona auch stattfinden kann.
Mit den Gruppengegnern Norwegen, Rumänien und Polen, haben die deutschen Frauen sicherlich eine machbare Gruppe erwischt. Wie ist Ihre Einschätzung?
Machbar ist am Schreibtisch immer ein schönes Wort. Bei der EM gibt es aber keine leichten Gegner. Norwegen als Gastgeber ist wohl einer der großen Favoriten bei dieser EM. Rumänien ist, bis auf die letzte WM, in den vergangenen Jahren bei Großturnieren immer vor Deutschland gelandet und die letzten drei Spiele gegen Polen sind auch immer sehr knapp ausgegangen. Wir sind auf dem Weg nach oben und diese Gruppe wird uns sicher alles abverlangen. Gleichwohl haben wir selbstverständlich als erstes Ziel die Qualifikation für die Hauptrunde ins Auge gefasst.

Lenken wir den Blick nun auf die Bundesliga. Mit Emily Bölk, Alicia Stolle, Julia Behnke und Dinah Eckerle sind insgesamt vier Spielerinnen nach Ungarn gewechselt. Auch Shenia Minevskaja spielt im Ausland. Im Gegenzug wechseln aber auch internationale Stars nach Deutschland und auch Xenia Smits wird zukünftig wieder in Deutschland bei der SG BBM Bietigheim spielen. Was sagt das über den Stellenwert der deutschen Bundesliga, im Vergleich zu den anderen nationalen Ligen aus?
Die HBF ist in der Breite gut aufgestellt, sonst würden auch nicht so viele ausländische Spielerinnen hier spielen. Den Vergleich mit anderen Nationen braucht die Liga nicht zu scheuen. Die ungarische Liga ist vielleicht die einzige, in der es auch in der Breite ein absolut hohes Niveau gibt. Da kann die Bundesliga aktuell leider noch nicht mithalten. Ich hoffe aber, dass sich auch da die Entwicklung nach oben fortsetzen wird. Zudem würde ich mir wünschen, das Borussia Dortmund und die SG BBM Bietigheim in der Champions League für Schlagzeilen sorgen, genauso wie der TuS Metzingen und die HSG Blomberg-Lippe in der neu aufgestellten European League.
Freuen Sie sich, wenn ihre Leistungsträgerinnen zukünftig im Ausland neue Erfahrungen sammeln können?
Ich freue mich über alle wertvollen Erfahrungen, die meine Spielerinnen machen, ob im Ausland oder in der Bundesliga. Der Wechsel ins Ausland bringt, neben neuen Handballerfahrungen, auch noch die Umstellung auf ein anderes Land mit sich. Das ist immer noch eine zusätzliche Belastung. Die erste Rückmeldungen der Spielerinnen sind aber sehr positiv, sie sind alle sehr gut in ihren neuen Vereinen angekommen.

Aus Deutschland waren bisher nur die SG BBM Bietigheim und der Thüringer HC international konkurrenzfähig. Wie schafft es die Bundesliga mehr Teams hervorzubringen, die international mithalten können?
Es gibt, wie vorher schon erwähnt, bis auf Ungarn keine Liga, die viele Vereinsmannschaften an der absoluten Spitze hat. Wir sind in der anstehenden Spielzeit mit vier Mannschaften international vertreten. Ich wünsche mir, dass sie alle gut abschneiden werden. Das ist gut für den deutschen Frauenhandball und sorgt für viele wertvolle Erfahrungen bei den Spielerinnen.
In der für beendet erklärten Saison war vor allem Borussia Dortmund eine positive Überraschung. Wie bewerten sie generell die Entwicklung der HBF? Die Liga scheint generell ausgeglichener zu werden.
Borussia Dortmund und die SG BBM Bietigheim haben derzeit, im Vergleich zur Konkurrenz, so wie es aussieht, noch die besten Voraussetzungen. Dahinter ist aber eine Gruppe von Mannschaften, die die nächste Saison bestimmt zu einer spannenden machen werden. Ein Durchmarsch von ein oder zwei Vereinen, wie in den letzten Jahren, wird es hoffentlich in der kommenden Spielzeit nicht geben.
Abschließend noch eine persönliche Frage. Ihr Vertrag als Bundestrainer läuft bis Ende 2021. Welche Ziele haben Sie sich bis dahin noch gesetzt?
Möglichst viele Spiele zu gewinnen und die deutsche Nationalmannschaft damit noch näher an die Weltspitze heranzuführen.
Fotos: Marco Wolf (https://m.facebook.com/wolfsportfoto)