„Glaube an die eigene Stärke“
Seit einigen Tagen befinden sich die Handballgirls des TV Beyeröhde in der Vorbereitung auf die Saison 2020/21. Damit startet auch für Trainer Dominik Schlechter ein neues Kapitel seiner Trainerkarriere. Nach erfolgreicher Arbeit beim PSV Recklinghausen, ist Schlechter nun für den Zweitligisten aus Wuppertal tätig. Im Interview hat der 29-jährige ausführlich über die Kaderplanung, den Trainingsstart und die sportliche Ausrichtung seiner Mannschaft gesprochen.
Coach, seit einigen Tagen sind die Handballgirls wieder im Training. Du hast bereits prognostiziert, dass es keine Vorbereitung wie jede andere werden wird. Wo lag bzw. liegt in den kommenden Wochen der Schwerpunkt, gerade auch nach der monatelangen Pause?
Wir werden die Mädels in den kommenden Wochen erstmal wieder an die handballspezifische Belastung heranführen müssen. Denn abseits dessen, dass sich die Spielerinnen in den vergangenen Monaten individuell fit gehalten haben, ist es vor allem das, was ihnen fehlt. Wir werden hier behutsam vorgehen, auch wenn wir natürlich alle am liebsten so tun würden, als könnten wir ganz normal mit einer klassischen Saisonvorbereitung beginnen. Hier werden sinnvolle Trainingspläne und eine gute Belastungssteuerung elementar wichtig sein.
Welchen Eindruck machen die „runderneuerten“ Handballgirls auf dich und wie ist dein Eindruck nach den ersten Trainingseinheiten?
Die Mannschaft war in den ersten Einheiten sehr, sehr offen. Man merkt, dass alle Spielerinnen verstanden haben, welch große Aufgabe vor uns liegt. Wir bauen eine neue Mannschaft auf, in der sich gewisse Hierarchien bilden und notwendige Automatismen entstehen müssen. Es wurde viel miteinander geredet und gelacht, das hat mir ein gutes Gefühl gegeben.
Der Kader des TVB wurde deutlich verändert und auch du bist bekanntlich neu dabei. Macht es deine Arbeit sogar leichter, dass viele neue Spielerinnen zum Verein gestoßen sind und du keine „eingeschworene Einheit“ übernehmen musst?
Ich würde sagen, dass es mir dadurch zumindest einfacher fällt, gewisse neue Regeln einzuführen und für mich selbstverständliche Werte und Verhaltensweisen der Mädels von Beginn an konsequent einzufordern. Jedem ist bewusst, dass wir quasi komplett den „Reset-Button“ drücken. Das heißt aber nicht, dass ich mich nicht gefreut hätte, wenn unser Umbruch ein wenig milder ausgefallen wäre.
Bei deiner Zusage hast du also nicht damit gerechnet, dass es im Sommer so viele Zu- und Abgänge geben würde?
In der Form hatten wir das sicher nicht geplant. Ich mache hierfür aber niemandem einen Vorwurf. Weder der sportlichen Leitung des TVB, noch den Spielerinnen, die uns verlassen haben, obwohl ich mich teilweise sehr um ihren Verbleib bemüht habe. Es sind hier in den letzten Monaten viele Faktoren zusammengekommen, aus denen sich eine gewisse Dynamik entwickelt hat. Für mich ist das Vergangenheit, die ich nicht zu beurteilen habe. Am Ende bleibt für mich das Privileg, eine Mannschaft in der 2. Liga trainieren zu dürfen.
Bist du mit der Kaderzusammenstellung zufrieden, oder auf welche Position siehst du noch Handlungsbedarf?
Ich denke, dass wir aus einer ausgesprochen schwierigen Situation, bisher das für uns Bestmögliche gemacht haben. Die Verantwortlichen des TVB mussten sich in den Medien und sozialen Netzwerken einiges anhören, das war mir oft zu undifferenziert und einseitig beurteilt. Wir haben gute Mädels für uns gewinnen können, von denen ich sportlich und charakterlich überzeugt bin und die stolz sind, für den TVB auflaufen zu dürfen.
Im Hinblick auf weitere Neuzugänge ist es so, dass wir noch was tun wollen. Wir suchen noch nach einer flexiblen Linkshänderin und einer weiteren Rückraumspielerin. Wir hätten den kompletten Kader auch lieber heute, als morgen bei uns – am Ende geht es aber immer um gute und nie um schnelle Lösungen.
Die Verantwortlichen haben bei den Neuverpflichtungen vor allem auf junge und entwicklungsfähige Spielerinnen gesetzt. Für welchen Spielstil wird deiner Mannschaft stehen?
Wie wir genau agieren wollen wird sich im Laufe der Vorbereitung zeigen. Wir, im Trainerteam, sind sehr gespannt, was uns die Mädels in den kommenden Wochen anbieten werden. Wenn wir dann einen ersten gefestigten Eindruck von dem Team haben und unsere Kaderplanung abgeschlossen ist, werden wir das konkretisieren. Grundsätzlich ist es aber so, dass wir mutigen Handball aus einer flexiblen Deckung spielen wollen.
In der vergangenen Saison war vor allem die mangelnde Gefahr aus dem Rückraum ein Grund dafür, warum sich die Handballgirls in der Offensive schwer taten. Worauf kommt es aus deiner Sicht an, um in der zweiten Liga erfolgreich zu sein?
Ich bin da als junger Trainer wahrscheinlich ein hoffnungsloser Romantiker, aber für mich sind das Vertrauen in die eigene Stärke und eine hohe Homogenität innerhalb der Mannschaft die elementaren Grundsteine, auf die alles andere aufgebaut wird. Wenn wir es schaffen von unser eigenen Stärke und unseren Plänen überzeugt zu sein, bin ich mir sicher, dass wir genug Qualität im Kader haben werden um unsere Ziele zu erreichen.
Während einer Saisonvorbereitung entstehen natürlich auch Saisonziele. Du hast bereits durchblicken lassen, dass es von Beginn um den Klassenerhalt gehen wird. Was ist der Schlüssel, um bereits frühzeitig in ruhiger Fahrwasser zu gelangen?
Uns ist bewusst, dass die Zeit, um dieses komplett neue Team zu formen, sehr knapp ist. Insofern werden wir nahezu jede Trainingseinheit, jedes Testspiel und jede Besprechung maximal effektiv nutzen müssen. Der Prozess, den wir anstoßen, benötigt unter normalen Umständen deutlich mehr Zeit, als die, die wir haben werden. Unsere Aufgabe wird es also sein, gemeinsam ganz schnell ein gewisses Level zu erreichen. Dafür werden wir hart arbeiten müssen.
Zum Abschluss wäre es noch interessant zu wissen, wie du die zweite Liga in der kommenden Spielzeit generell einschätzt. Einige Mannschaften, wie zum Beispiel Konkurrent Solingen-Gräfrath, haben sich deutlich verstärkt. Es scheint so, als hätten sich die Kräfteverhältnisse in der Region leicht verändert.
Ich muss zugeben, dass ich in den letzten Wochen so viel mit unserer eigenen Mannschaft zu tun hatte, dass ich mich wenig mit anderen Vereinen beschäftigt habe. Dass Solingen-Gräfrath eine gute Entwicklung nimmt, überrascht mich nicht und hängt eng mit der Qualität und den Kontakten von Kerstin Reckenthäler zusammen. Wir gehen nun unseren eigenen Weg, den wir mühsam neu aufbauen werden. Ob und wie die Kräfteverhältnisse in der Region sind, ist für mich zweitrangig. Das darf jeder so beurteilen, wie er es möchte.